13 Jahre nach dem Ende der IBA Fürst-Pückler-Land kann man konstatieren, dass die Philosophie dieser IBA aufgegangen ist. Die Herkunft der etwa 20 Seen des Lausitzer Seenlandes wurde nicht kaschiert oder übertüncht sondern das „aus der Bergbauindustrie kommen“ und das „vom Menschen gemacht sein“ wurde zum Markenzeichen dieser Lausitzer Seenlandschaft. Dazu gehören neu genutzte Symbole der Bergbaugeschichte mit Landmarkencharakter, wie die F60, die Biotürme, das Kraftwerk Plessa, die Gartenstadt Marga, die Brikettfabrik Louise, einerseits, und neue Architekturen und Verbindungen, die auf das Lausitzer Seenland zugeschnitten sind und damit ebenfalls zu dessen Identität beitragen, wie die die zehn zentralen Seen verbindenden schiffbaren Kanäle, die IBA-Terrassen in Großräschen, die Landmarke „Rostiger Nagel“, der Hafen von Senftenberg, die schwimmenden Bauten …, andererseits. Die in der Region vorhandene Ingenieurkunst und die durch europäische Wettbewerbe erzielte Architekturqualität sind für diese neu geschaffenen Objekte und Situationen prägend.
Karl Ganser machte in einem kritischen Rückblick auf die IBA-Emscherpark darauf aufmerksam, dass sich Historisches und Neues bei der Konzipierung einer neuen Landschaft die Waage halten sollten, da der Mensch beides will, die Dokumentation der Herkunft und das Schaffen von Neuem, bisher nicht Dagewesenem. Wobei in beiden Fällen das Ungewöhnliche den besonderen Reiz ausmacht, obwohl es zunächst, gerade weil es ungewöhnlich ist, auch auf Ablehnung stößt. Das müssen Planer und Politiker aushalten und dabei geduldig als Vermittler agieren. Beispiele dafür sind die Biotürme in Lauchhammer, deren Erhalt und neue Funktion damals von der Stadtverordnetenversammlung abgelehnt wurde und die heute auf dem Umschlag des Tourismusflyers der Stadt Lauchhammer abgebildet sind.
Auch der Begriff „Rostiger Nagel“ war für unsere Landmarke von den Senftenbergern zunächst nicht positiv gemeint und wurde oft mit dem Zusatz „Wann wird er endlich angestrichen“ verbunden. Heute ist sie das von uns erhoffte Symbol für das Lausitzer Seenland und einer der beliebtesten Treffpunkte der vielen Radfahrer und Skater aus dem In- und Ausland.
Mein Blick oder meine Hoffnung in Bezug auf die weitere Gestaltung einer Lausitz nach dem Bergbau, also „ in die Lausitz-Zukunft“ ist angesichts dieser gerade beschriebenen Erfahrung recht eindeutig. Diese Philosophie, diesen Qualitätsanspruch und diese einmaligen identitätsstiftenden Projekte sollten ihre Fortsetzung finden. Eine Region, wie die bergbaubeeinflusste Lausitz, die deutschlandweit zu den unangenehmsten und abstoßendsten Regionen zählte (Dreck, Krach, Natur- und Siedlungszerstörung) muss außergewöhnlich Qualitäten und Objekte schaffen, um als angenehm und anziehend wahrgenommen zu werden. Eine Landschaft mit Seen, Badestränden, Surfen und Bootfahren reicht da nicht aus, das können andere Seenlandschaften auch bieten und mit ihrem längst vorhandenen guten Image wären sie unserem Seenland weit überlegen.
Im Hinblick auf die Nutzbarkeit aller 20 Seen und der 10 Seen verbindenden 12 Kanäle (bisher sind nur vier Seen und zwei Kanäle nutzbar) ist es also noch eine riesige Aufgabe, die beschriebene Qualität und die damit verbundene Anziehungskraft für das gesamte Lausitzer Seenland herzustellen. Der gegenwärtige Prozess des mit dem Braunkohleausstieg verbundenen Strukturwandels und den damit verbundenen finanziellen Mitteln zur Strukturstärkung sind eine gute Voraussetzung, dass dieses Vorhaben gelingen kann.
Auch sind Vorbehalte bezüglich des Kohleausstiegs überwunden (siehe Ausrichtung der LEAG zum Großproduzenten regenerativer Energien). Vorhaben, die während der IBA-Zeit noch gescheitert sind, wie das Projekt „Energiegarten“, das mit einer Vielfalt regenerativer Energieerzeugung ein grünes Kraftwerk vorsah oder „Wüste/Oase Welzow“, das mit dem Zuschütten der Grube eine bergbauspezifische Erlebnislandschaft schaffen wollte, wären heute möglicherweise realisierbar. Auch Ideen aus den Projekten „Wasserreich Spree“, „Lagunendorf Sedlitz“ oder „Kunstlandschaft Altdöbern und Pritzen“ könnten aufgegriffen werden.
Gleichzeitig müsste an neuen innovativen Projekten gearbeitet werden, wofür im Rahmen des Werkstattprozesses im Land Brandenburg eine Planungsgruppe mit genau diesem Auftrag eingerichtet werden sollte, eventuell auch im Rahmen des Analyse- und Planungsprozesses der BBSR, der mit bundesweitem Anspruch die gesamte bergbauliche Lausitz, den Leipziger Südraum und das Rheinische Revier umfasst.
[Beitrag von Rolf Kuhn, LG Berlin-Brandenburg]