Unter dem Motto “Die Welt als Garten“ steht der grüne und gesunde Lebensraum für alle Menschen im Fokus. Doch profitieren auch alle Menschen von einem wachsenden Anteil an Grünräumen in unseren Städten? Die Umgestaltung von Brachen in Gärten und von lange aufgegebenen Gewerbeflächen in Parks ist entscheidend, um die Lebensqualität zu erhöhen, Gesundheit zu fördern und nicht zuletzt Treffpunkte und Kommunikationsräume zu schaffen. Um mit dem Klimawandel umzugehen, bedarf es schattenspendender Bäume, wasseraufnehmender Grünflächen und generell mehr grüner Oasen in unseren Städten.
Dennoch darf nicht übersehen werden, dass durch die grüne Aufwertung von Wohnquartieren auch Immobilienmarktprozesse in Gang gesetzt werden. Vormals wenig attraktive Standorte gewinnen im Zuge der Schaffung von Grünräumen Aufmerksamkeit, in deren Folge Investitionen vorgenommen werden. Dadurch steigen die Mietpreise, oder Mietwohnungen werden in Eigentum umgewandelt. Manche langjährige Mieterschaft, die die bislang preiswerten Wohnungen bezahlen konnte, sieht sich nun einer erhöhten Mietforderung gegenüber, die sie nicht mehr stemmen kann. Es bleibt für sie nur der unfreiwillige Wegzug, also die erfahrene Verdrängung durch besser Situierte. Dieser Vorgang wird als Grüne Gentrifizierung bezeichnet.
Auch wenn dieses Phänomen in Mitteldeutschland bislang nur in Anfängen beobachtet wird, sollte im Rahmen von grüner Stadtplanung und Stadtentwicklung Gerechtigkeit hinsichtlich Nutzung und Zugang zu einem grünen Wohnumfeld, unserem „Garten“, eine starke Beachtung finden.
Die beigefügten Publikationen geben einen Einblick in die wissenschaftliche Debatte um grüne Gentrifizierung anhand konkreter Beispiele im In- und Ausland. Die Autor*innen arbeiten am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig.
Annegret Haase, Anika Schmidt: Grüne Gentrifizierung – eine neue Herausforderung für nachhaltige Stadtentwicklung
Annegret Haase, Anika Schmidt und Dieter Rink: Grüne Gentrifizierung. Impulse für eine kritische Perspektive auf Stadtgrün und nachhaltige Stadtentwicklung
[Beitrag von Sigrun Kabisch, Landesgruppe Mitteldeutschland]
Das Problem ist aus meiner Sicht nicht die „Grüne Aufwertung“ an sich, sondern die Aufwertung in Quartieren allgemein, die immer zu einer neuen Wahrnehmung und Inanspruchnahme von Quartieren, somit steigenden Mieten und letztendlich einer Gentrifizierung führt.
Solange sich der Schwerpunkt der Sicherung des Bedarfs an sozialem Wohnraum im Wesentlichen auf den Neubau beschränkt und kaum Handlungs-/Regulierungsmöglichkeiten im Bestand bestehen, wird es somit immer Verdrängungsprozesse aus Quartieren in Aufwertung geben.
Sollten wir deshalb auf Aufwertung, auch grüne Aufwertung, von Quartieren verzichten – aus meiner Sicht def. nicht – letztendlich profitiert die gesamte Stadtgesellschaft von attraktiven Quartieren und vor allem mehr Grün sowie ökologischer Vielfalt/Qualität. Vielmehr ist es längst überfällig, die Förderung des mitpreisgebundenen Wohnraums auch auf die Sanierung / Instandsetzung von ganzen Gebäuden auszudehnen und nicht mehr alleinig auf den Neubau oder einzelne, leerstehende Wohnungen zu beschränken.
Ich glaube, dies wäre ein wichtiger und richtiger Schritt um in allen Stadtquartieren breite Wohnungsangebote für alle Bevölkerungsschichten vorzuhalten und Gentrifizierung bei Aufwertungsprozessen effektiv entgegentreten zu können sowie eine breite Akzeptanz für (auch grüne) Quartiersaufwertung zu erreichen.